African Questions

Publications of Dr. Klaus Frhr. von der Ropp

Political Observer and Consultant on Southern African Issues

Frankfurter Allgemeine Zeitung   Seite 10 / Freitag, 13. Dezember 1974, Nr. 289

Südafrika muß geteilt werden

Der Kommentar von Klaus Natorp „Umdenken in Pretoria“ in der F.A.Z. vom 6. Dezember erfordert die eine oder andere Ergänzung. Die Formulierung, daß sich die Führer der schwarzen Gebiete Südafrikas in der letzten Zeit zunehmend „aufsässig“ gezeigt hätten, ist unglücklich. Persönlichkeiten wie Gatsha Buthelezi, Huddy Ntsanwisi, Lucas Mangope und Cedric Phatudi prangern unhaltbare Mißstände an. Denn die heutige Version der südafrikanischen Politik der „getrennten Entwicklung“ läuft beileibe nicht auf eine gerechte Aufteilung sowohl der politischen Macht als auch der wirtschaftlichen Ressourcen dieses großen Landes hinaus. Eher kann man schon davon sprechen, daß die weißen Südafrikaner bislang an die Angehörigen der drei anderen Bevölkerungsgruppen bessere Almosen verteilt haben. Insbesondere unter den Intellektuellen des afrikaanssprachigen Teils der weißen Bevölkerung wächst jedoch heute die Einsicht, daß diese Kritik berechtigt ist. Und es hat zunehmend den Anschein, als sei der Pragmatiker Vorster bereit, diesen Kritikern viel größere Zugeständnisse zu machen, als er mit Rücksicht auf seine oft so konservativen und reaktionären Wähler nach außen hin zugeben kann. Um so mehr ist zu begrüßen, daß eine jüngere Südafrika-Politik der Bundesregierung die sich hier ihr bietenden Chancen voll ausnutzt und so, im Rahmen des derzeit Möglichen, einen nicht zu unterschätzenden Beitrag zu einem innersüdafrikanischen Ausgleich leistet. Die heute aufgeschlossenere Haltung der deutschen Kirchen sowie die endlich vorhandene Bereitschaft einiger deutscher Firmen, industrielle Produktionsstätten in den „Bantustans“ aufzubauen, stellen eine wichtige Ergänzung dieser Politik dar.

Was die so oft nur zu berechtigte Kritik an den Zuständen in der Republik anbelangt, so sollte sie sich auch um die Erstellung einer Alternative bemühen, die, anders als die Vorstellungen der Vereinten Nationen von der Lösung der Konflikte Südafrikas, nicht über kurz oder lang zu einer gewaltsamen Vertreibung der 4,2 Millionen (17 Prozent der Gesamtbevölkerung) weißen, 2,3 Millionen (9 Prozent vorwiegend euro-malaiischen Ursprungs) gemischtrassigen und 0,7 Millionen (2,6 Prozent) indienstämmigen Bewohner des Landes hinausläuft. Nur einer solchen Kritik können sich die heutigen Verantwortlichen in Pretoria beugen. Und sie werden es tun, da Südafrika die westliche Welt so sehr braucht, wie die westliche Welt Südafrika braucht.

Der Exodus der Inder nicht nur aus Uganda und der der Weißen aus Mozambique sowie das überall in Afrika zu beobachtende Suchen nach der eigenen Identität, nach einer „authenticité noire“ sollten zu der Erkenntnis beitragen, daß die Bevölkerung Südafrikas viel zu heterogen ist, als daß sich hier eine an idealistischen Vorstellungen orientierte, integrierte Gesellschaftsordnung errichten ließe. Kein Geringerer als der aus politischen Gründen aus Südafrika vertriebene frühere anglikanische Dekan von Johannesburg, Beytagh, führte bei einer Pressekonferenz am 21. März 1973 in Bonn aus, „eine integrierte Gesellschaftsordnung sei nur im Himmel, nicht aber in Südafrika zu verwirklichen“. Allen wirtschaftlichen Gegebenheiten und politischen Widerständen zum Trotz wird, ähnlich wie nach dem jüngsten Krieg auf Zypern, eine Lösung der immens komplexen Probleme Südafrikas wohl nur in der Schaffung eines schwarzen Staates und eines räumlich erheblich kleineren, an natürlichen Ressourcen ärmeren Staates der weißen, gemischtrassigen und indienstämmigen Südafrikaner gefunden werden können.

Dr. Klaus Freiherr von der Ropp, Köln
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