African Questions

Publications of Dr. Klaus Frhr. von der Ropp

Political Observer and Consultant on Southern African Issues

Dienstag, 11. März 2014, Nr. 59 / Seite 7   Frankfurter Allgemeine Zeitung

Eine Intervention ist nur der erste Schritt

Mit seinen Beiträgen in der F.A.Z. vom 17. und 18. Februar spricht Johannes Leithäuser wichtige Aspekte der inzwischen breiten Diskussion über Einsätze der Bundeswehr in Subsahara-Afrika an. In der Tat spricht alles dafür, dass der Bundeswehr im Rahmen der EU ein afrikanisches Jahrzehnt bevorsteht. Einen Gesichtspunkt der allgemein Besorgnis auslösenden Entwicklung spricht auch Leithäuser nicht an: Eine politisch-diplomatische und/oder militärische Intervention kann natürlich nur ein erster Schritt sein. Wo irgend möglich müssen die EU-Staaten in Zusammenarbeit mit den jeweiligen afrikanischen Partnern zudem eine neue Verfassung erarbeiten. Denn andernfalls folgt neue auf alte politische Instabilität!

Nicht nur deutsche Akteure raten afrikanischen Verantwortlichen in der Regel, für ihre Länder westlich-demokratische Verfassungen zu übernehmen. So etwa in der (sogenannten) Demokratischen Republik Kongo. Kaum jemals wird die Erarbeitung einer auf die jeweiligen afrikanischen Eigenarten Rücksicht nehmenden, möglichst demokratienahen Ordnung, also einer Verfassung sui generis, gefordert. Ein warnendes Beispiel sollte die Anfang der neunziger Jahre vornehmlich von deutschen staatlichen Stellen und Nichtregierungsorganisationen mit großem finanziellem und personellen Aufwand betriebene, inzwischen aber weitgehend gescheiterte Demokratisierung Südafrikas sein. Kaum ein Dritter hatte zuvor die Weitsicht und den Mut, den Bundeskanzler Helmut Schmidt im Mai 1977 im Bonner Bundeskanzleramt bei einem Gespräch mit dem (überforderten) amerikanischen Vizepräsidenten Walter Mondale an den Tag legte: Letzterer hatte geäußert, der Westen müsse alles in seiner Macht Ste-hende tun, um Pretoria zu zwingen, seine Politik der Apartheid aufzugeben. Schmidts lakonische Antwort war: „And replace it with what?“ Außer in London griff in der EU keine Regierung diese Frage auf. Auch in Bonn nicht, da Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher, dem Schmidt die Konflikte im südlichen Afrika überlassen hatte, sie für obsolet hielt. So gab sich das neue Südafrika, ein Staat ohne jede demokratische und rechtsstaatliche Kultur, Mitte der neunziger Jahre eine dem deutschen Grundgesetz nachempfundene Verfassung. Hinter deren Fassade implodiert es heute mit wachsender Geschwindigkeit!

Damit wird wohl Realität, wovor ich in der F.A.Z. vom 30. August 1999 in einem Leserbrief „Nicht undenkbar: Bundeswehr-Soldaten in Südafrika“ unter Hinweis auf die ebenso riesige wie mysteriöse amerikanische Luftwaffenbasis Thebephatshwa unweit Molepolole/Botswana (auf der Grenze zu Südafrika gelegen) warnte. Ein noch unvorstellbarer „Höhepunkt" des bevorstehenden afrikanischen Jahrhunderts der Bundeswehr!

Dr. Klaus Freiherr von der Ropp, Potsdam
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