African Questions

Publications of Dr. Klaus Frhr. von der Ropp

Political Observer and Consultant on Southern African Issues

Frankfurter Allgemeine Zeitung   Freitag, 5. September 1975, Nr. 205 / Seite 9

Die deutsche Südafrika-Politik

Der Besuch des südafrikanischen Außenministers Muller in Bonn und die bevorstehenden Südafrika-Debatten der UN-Vollversammlung geben Anlaß zu einigen Bemerkungen zum deutsch-südafrikanischen Verhältnis. Die Existenz vielfältiger Beziehungen Bonns zu Pretoria ist zu begrüßen. Es stellt sich jedoch die Frage, ob wir diese Kontakte nutzen, um zu einer Entschärfung der gefährlichen Krise in und um Südafrika beizutragen.

Die heutige Version der Politik der Apartheid ist zutiefst unaufrichtig. Es handelt sich um ein System repressiver Machtausübung gegenüber der schwarzen Mehrheit und den gemischtrassigen und indienstämmigen Minderheiten. Die Beibehaltung dieser Politik wird zwangsläufig zu einem Bürgerkrieg, möglicherweise auch zu einem internationalen Krieg um Südafrika führen. Die von der Organisation für afrikanische Einheit und von der UN-Vollversammlung propagierten Lösungsmodelle (one man one vote) sind unpraktikabel. Das wird in Deutschland nicht nur in kirchlichen Kreisen, die sich häufig in einseitiger und simplifizierender Kritik gefallen, oft übersehen. Tiefgreifende politische, wirtschaftliche, kulturelle und gesellschaftspolitische wie auch entwicklungsmäßige Unterschiede zwingen nämlich zu der Erkenntnis, daß es eine einheitliche südafrikanische Nation nicht gibt. Entgegen den Vorstellungen der noch vorhandenen wenigen liberalen Südafrikaner aller Bevölkerungsgruppen sind auch föderalistische Staatsmodelle untauglich, einen Ausweg aus dem südafrikanischen Dilemma zu weisen. Da keine der vier großen Bevölkerungsgruppen bereit ist, ihre Identität aufzugeben, wird der Versuch, die Lösungsvorstellungen der Vereinten Nationen einen Tages unter Anwenng von militärischer Gewalt durchzusetzen, gleichfalls zu einem Bürgerkrieg wie auch einem internationalen Krieg um Südafrika führen. An dessen Ende kann die Zerstörung Südafrikas und auch etlicher anderer afrikanischer Staaten stehen.

In Südafrika regiert heute Furcht. Die weißen Afrikaner fürchten sich vor der Machtübernahme der schwarzen Afrikaner; die letzteren fürchten sich vor der Beibehaltung des Status quo. Die gemischtrassigen und indienstämmigen Südafrikaner sehen in der Beibehaltung der gegenwärtigen Ordnung das geringere Übel im Vergleich zu einem schwarz geführten Südafrika.

Die Nationale Partei Vorsters ist heute die einzige wirklich relevante politische Gruppe der weißen Südafrikaner, Opposition droht Vorster eher von rechts als von links. Schwarze südafrikanische Nationalisten wie Cedric Phatudi, Hudson Ntsanwisi und Gatsha Buthelezi suchen verzweifelt nach einem Ausgleich. Da sie sich gegenüber den oft reaktionären weißen Wählern kaum durch setzen können, laufen sie Gefahr, Boden an militant-radikale Gruppen zu verlieren.

Unter lauter untauglichen Lösungen erscheint die einer geographischen Aufteilung des Landes zwischen der schwarzen Mehrheit einerseits und den drei Minderheiten andererseits immer noch die beste. Schon Verwoerd soll an eine Teilung des Landes entlang der Linie Port Elizabeth, Bloemfontein, Pretoria, Kimberley, Upington, Oranjemund gedacht haben. Hier bieten sich einer auf die Entsehärfung eines gefährlichen Konflikts ausgerichteten Friedenspolitik Bonns große Chancen. Diese werden aber vertan, wenn die Bundesrepublik, wie geschehen, sich bei der Abstimmung über das „Internationale Übereinkommen über die Bekämpfung und Bestrafung des Verbrechens der Apartheid“ in den UN der Stimme enthält.

Dr. Klaus Freiherr von der Ropp, Köln
9