African Questions

Publications of Dr. Klaus Frhr. von der Ropp

Political Observer and Consultant on Southern African Issues

Frankfurter Allgemeine Zeitung   Mittwoch, 9. Juni 1976, Nr. 123 / Seite 9

Altes Unrecht nicht durch neues ersetzen

Die so ausgewogene Berichterstattung der F.A.Z. zu den Entwicklungen in und um die Republik Rhodesien (F.A.Z. vom 6. Mai) bedarf einer nicht unwichtigen Ergänzung: Es sollte heute unstreitig sein, daß entweder binnen recht kurzer Zeit in Salisbury ein schwarz-geführtes Kabinett unter Joshua Nkomo die Regierungsverantwortung übernehmen oder aber der Buschkrieg auf fatale Weise eskalieren wird. Durch eine Einflußnahme der westlichen Welt gilt es das erstere zu erreichen. Ausgehend von der Überlegung, daß die Volkswirtschaft Rhodesiens, bekanntlich nach der Südafrikas die höchstentwickelte des afrikanischen Kontinents, den Exodus der etwa 270 000 weißen Rhodesier nie wird verkraften können, werden im Kreis, um den ANC-Führer Joshua Nkomo und auch von den heute noch alleinverantwortlichen Weißafrikanern in Salisbury neue Überlegungen zur Sicherung der legitimen Interessen der weißen Minderheit angestellt. So ist der Vorschlag unterbreitet worden, daß das Vereinigte Königreich, andere Commonwealthstaaten, die Vereinigten Staaten wie auch die Bundesrepublik Deutschland die Gewährung besonders großzügiger Entwicklungshilfe zugunsten der von Nkomo geführten Republik Rhodesien/Zimbabwe davon abhängig machen, daß diese ihre Zusagen zugunsten der weißen Rhodesier einhält. Die entsprechenden Verträge müßten dann weiter vorsehen, daß, sollte die Regierung Nkomo ihren Garantien zum Trotz die weiße Minderheit zur Abwanderung zwingen, diese Hilfsgelder, unter genau zu definierenden Voraussetzungen, nicht Salisbury, sondern den vertriebenen weißen Afrikanern zufließen. Besondere Beachtung verdient in diesem Zusammenhang, daß Außenminister Kissinger diesen Gedanken in seiner Rede in Lusaka/Zambia ausdrücklich und positiv aufgegriffen hat.

Heute spricht sehr viel mehr dafür als dagegen, daß auch die Regierungen der hier involvierten Staaten Zambia, Botswana, Südafrika, wohl auch Tansania und wohl selbst Moçambique einer solchen Lösung des Konfliktes zustimmen würden. Denn sie alle teilen die Furcht vor einer apokalyptischen Entwicklung im südlichen Afrika. Findet aber ein Vertrag zur Beilegung des nunmehr bereits über zwölf Jahre alten Rhodesien-Konfliktes die Zustimmung der vier genannten schwarzafrikanischen Staaten, so werden sich auch OAU und UN ihm nicht verschließen. Hier bietet sich der westlichen Welt und insbesondere unserem Land eine vielleicht letzte Chance, zu verhindern, daß, wie in Angola und Moeambigue, die „Befreiung“ auch in Rhodesien zu einer Vernichtung der Wirtschaft und, politisch gesprochen, zur Ersetzung alten Unrechts durch neues Unrecht führt.

Gerade die Bundesregierung sollte darüber hinaus die Frage prüfen, ob eine vergleichbare Lösung nicht auch für die weißen Südwestafrikaner, darunter 25 000 deutsche und deutschstämmige Menschen, gefunden werden kann. Gewiß ist eine solche Lösung, die übrigens in der Republik Südafrika undenkbar wäre, in Südwestafrika sehr viel weniger vorstellbar als in Rhodesien; denn die Beziehungen der Rassen zueinander sind halt sehr viel schlechter, sehr viel gespannter als in dem ehemals britischen Protektorat. Gleichwohl sollte ein entsprechender Versuch gemacht werden. Denn die Abwanderung der weißen Südwestafrikaner würde zwangsläufig dazu führen, daß dies weitgehend von den Wüsten Namib und Kalahari bedeckte Land binnen ganz kurzer Zeit auf das Niveau eines „least developed country“ zurückfallen würde.

Dr. Klaus Frhr. von der Ropp, Köln
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