African Questions

Publications of Dr. Klaus Frhr. von der Ropp

Political Observer and Consultant on Southern African Issues

Rhodesien nach dem Scheitern der Genfer Konferenz

Klaus von der Ropp

Domino

Das südliche Afrika im Zeichen des Umbruchs

Der Lissaboner Umsturz vom 25. April 1974 und die daraus resultierende, eher als Flucht aus einst selbstgewählter Verantwortung denn als Entlassung in die Unabhängigkeit zu qualifizierende Freigabe Mozambiques und Angolas durch Portugal haben im Süden Afrikas eine Entwicklung ausgelöst, die sogar zu einer Konfrontation der Weltmächte führen kann. Dies scheint um so tragischer, als eine verantwortungsbewußte Politik der westlichen Welt sehr wohl hätte verhindern können, daß die strategisch so bedeutsame, an natürlichen Ressourcen so reiche australafrikanische Region reif für die Revolution wurde.

Afrikas Regime

Heute aber bieten gerade infolge westlichen Versagens die Staaten und die abhängigen Territorien des südlichen Afrikas im wesentlichen das folgende Bild 1): In den Volksrepubliken Mozambique und Angola, im letzteren Fall auf Grund einer sowjetisch-kubanischen Invasion, haben sich revolutionäre Regime etabliert, die weit davon entfernt sind, demokratisch legitimiert zu sein. Insbesondere nach der gewaltsamen Vertreibung der weißen Bürger dieser Länder liegen nahezu alle modernen Sektoren der Wirtschaft am Boden; beide Staaten werden voraussichtlich über Jahre gegen innere Unruhen anzukämpfen haben. Die Volkswirtschaften Zambias und Zaires sind u. a. durch Mißwirtschaft, politisch bedingte Schwierigkeiten bei der Abwicklung ihres Außenhandels, den Verfall des Kupferpreises und die Verteuerung bei Importgütern vor kaum zu lösende Probleme gestellt. Der nach wie vor mächtigste und mit Abstand am höchsten entwickelte Staat des afrikanischen Kontinents, die Republik Südafrika, droht vielleicht schon mittelfristig an seiner seit eh und je unhaltbaren Politik der rassischen Diskriminierung zu zerbrechen; hier droht die Gefahr eines überregionalen Konflikts. Südafrika incl.

  1. s. dazu Klaus Frhr. von der Ropp »Das veränderte Kräftespiel im Süden Afrikas« in Außenpolitik (Stuttgart) vol. 26 Nr. 1 (1975.1), S. 56bbis 72; ders. »Das südliche Afrika nach dem Rückzug Portugals« in Außenpolitik (Stuttgart) vol. 27 Nr. 1 (1976.1), S. 80-97.
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der Transkei und des noch von ihm verwalteten Mandatsgebietes Südwestafrika/Namibia und die ökonomisch von ihm abhängigen Staaten Botswana, Swaziland, Lesotho und Malawi durchlaufen derzeit eine stark politisch geprägte Wirtschaftskrise, die möglicherweise noch gravierender ist als die der frühen dreißiger Jahre. Schließlich scheint die Lage in der Republik Rhodesien, die sich vor knapp zwölf Jahren einseitig für unabhängig erklärte, recht geeignet, einen größeren, die Landesgrenzen überschreitenden Konflikt auszulösen

Buschkrieg/Weltkrieg

Zum Krieg in und um Rhodesien

Bereits heute beschränken sich die Kampfhandlungen nicht mehr auf die Regionen Mount Darwin / Centenary, Umtali, Chipinga / Vila Salazar / Melsetter, gelegentlich auch Plumtree und Wankie, sondern haben verschiedentlich auf Ausbildungslager und andere Stützpunkte der Guerilleros in Mozambique übergegriffen; auch kam es zu »hot pursuits« der rhodesischen Streitkräfte über die rhodesisch-botswanische Grenze hinweg. Eine Verschärfung des Krieges ergäbe sich, sollten die jüngst während der 28. Tagung des »Befreiungskomitees« der Organisation für Afrikanische Einheit (OAU) diskutierten Pläne zur Aufstellung einer Allafrikanischen Streitmacht zur Bekämpfung der rhodesischen Minderheitsregierung und der mit ihr kooperierenden schwarzen Bürger des Landes verwirklicht werden. Dies wiederum kann zum Eingreifen südafrikanischer Truppen führen. Denn anders als noch vor einem Jahr wäre es der Regierung in Pretoria nach dem nicht von den weißen Rhodesiern zu verantwortenden Scheitern der Genfer Konferenz heute innenpolitisch kaum möglich, dem rhodesischen Nachbarn im Augenblick wirklicher militärischer Bedrohung nicht zur Seite zu stehen. Auch ohne südafrikanische Intervention kann am Ende einer kriegerischen Entwicklung in Rhodesien, stellt man die hohe Schlagkraft der nur zahlenmäßig kleinen rhodesischen Streitkräfte in Betracht, durchaus die völlige Zerstörung des Landes stehen; eines Landes, das heute, nach Südafrika, über die höchstentwickelte Volkswirtschaft des Kontinents verfügt. Beiläufig sei vermerkt, daß ein solcher Ausgang des Konfliktes die Beziehungen der westlichen Welt zum schwarzen Afrika auf das Unerträglichste belasten müßte.

Bei allen Versuchen, den Rhodesien-Konflikt (wie auch die viel gefährlicheren Konflikte in und um die Republik Südafrika) beizulegen, wird nicht zuletzt auf eines zu achten sein: Anders als in den Fällen der Kriege um Algerien, die portugiesischen Kolonien wie auch die Staaten Indochinas fehlt es hier an einer in einem westlichen Land gelegenen Hauptstadt, wo der Krieg politisch verloren werden kann. Leider wird dies auch von westlichen Verantwortlichen nur zu häufig übersehen.

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Staatenloser Staat

Die Republik Rhodesien im ersten Jahrzehnt ihrer Unabhängigkeit

In Südafrika wurde vor einiger Zeit für die »Gemeinschaft« der weitgehend ausgestoßenen, der verfemten Staaten, nämlich Chile, Taiwan, Süd-Korea, Israel und eben Südafrika selbst, der Begriff einer »Fünften Welt« geprägt. Nach ihrer einseitigen Unabhängigkeitserklärung im Jahre 1965 wurde die spätere Republik Rhodesien noch nicht einmal in diese Staatengruppe aufgenommen. Denn kein Staat erkannte Rhodesien als souveränen Staat an. Selbst Portugal und Südafrika, die sonst Salisbury in nahezu jeder Form unterstützten, sahen vor allem mit Rücksicht auf ihre höher eingestuften Beziehungen zu Großbritannien von einer solchen Aufwertung des rhodesischen Regimes ab. Die Briten ließen ihre Kontakte zu den weißen Rhodesiern jedoch nie ganz abbrechen und unternahmen auch nach 1965, dasselbe tat später Südafrika, etliche Versuche, die weißafrikanische Minderheit dazu zu bewegen, im Laufe eines längeren, aber zeitlich doch absehbaren Prozesses die staatliche Macht auf die Repräsentanten der schwarzen Bevölkerungsmehrheit (95 V. H. der Gesamtbevölkerung in Höhe von 6,5 Mio.) zu übertragen. Erwähnung verdienen die anglo-rhodesischen Gespräche auf den Kriegsschiffen Tiger (1966) und Fearless (1968), der am fast einmütigen schwarzen Veto gescheiterte anglo-rhodesische Vertrag von November 1971 2), die von Lusaka und Pretoria initiierte rhodesisch-rhodesische Konferenz auf der zambisch-rhodesischen Brücke in Höhe der Orte Livingstone / Victoria Falls (Sommer 1975) sowie die anschließenden Gesprächsrunden Ian Smiths mit den schwarzrhodesischen Verantwortlichen, Methodistenbischof Abel Muzorewa und Joshua Nkomo.

Eine für Außenstehende nur schwer nachvollziehbare Überschätzung der eigenen wie auch der portugiesischen Position, hier insbesondere die Selbsteinschätzung als ein Land der freien Welt, ließen Premierminister Ian Smith und seine weißen Mitbürger die vorhandenen Chancen vertun, zu einem Ausgleich im Inneren und damit auch nach außen hin zu kommen. Andererseits muß jede Analyse der damaligen wie auch heutigen (!) Lage Rhodesiens zu dem Ergebnis kommen, daß, wirtschaftlich und militärisch gesprochen, die weißen Rhodesier wie die mit ihnen kooperierenden Schwarzen der stärkste Machtfaktor im Lande sind. Zu den kooperationsbereiten schwarzen Afrikanern gehören vor allem, das sei beiläufig vermerkt, die traditionellen Häuptlinge, die auch heute noch sehr wichtige Funktionen in der Verwaltung bekleiden; Erwähnung verdient weiter, daß zwei Drittel der rhodesischen Berufssoldaten (aber wohl nicht ein einziger Offizier) schwarzafrikanischer Herkunft sind. Das alles

  1. s. dazu Klaus Frhr. von der Ropp »Ein neuer Versuch zur Lösung des Rhodesien-Problems« in Europa-Archiv (Bonn) vol. 27 Folge 2 (1971.1), S. 61-68.
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kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß Ian Smith und die Seinen heute vor einem politischen Scherbenhaufen stehen.

Boykott

Vielleicht ebensosehr wie die ausbleibende diplomatische Anerkennung durch die westliche Welt und Südafrika belasteten seit 1965 ökonomische Sanktionen die Entwicklungsperspektiven. Solche wurden zunächst vom britischen Parlament und später, in Zusammenarbeit mit dem Sanktions- und Dekolonisierungs-Departement der OAU / Addis Abeba, vom Sicherheitsrat der UNO beschlossen. In der BR Deutschland wurde übrigens der Handel mit Rhodesien durch §§ 5,7 »Außenwirtschaftsgesetz in Verbindung mit der Verordnung zur Durchführung des Außenwirtschaftsgesetzes in der Fassung vom Dezember 1966 nebst Änderungen« grundsätzlich unter Strafe gestellt.

Treibende Kraft hinter dieser Politik war, in späteren Jahren gewiß stärker als die britische Regierung, die OAU, jenes lockere Bündnis von heute 48 afrikanischen Staaten, das, obwohl in allen anderen Bereichen innerafrikanischer und internationaler Politik auf der ganzen Linie erfolglos, in der politischen Bekämpfung der australafrikanischen Minderheitsregierungen immer eine überragend wichtige Rolle spielte. 3)

Daß die OAU in ihren eigenen Reihen Mißstände übelster Prägung, die häufig diejenigen in Rhodesien wie Süd- und Südwestafrika weit übertreffen, unerwähnt läßt, steht auf einem anderen Blatt, sollte aber jedenfalls in einem Beitrag für eine liberale Zeitschrift nicht verschwiegen werden. Denn die Beschwörung der Menschen- und Bürgerrechte in den Staaten des »weißen Blocks« durch Staaten wie u. a. Uganda, Angola, Äthiopien, Benin, Guinea-Conakry, Äquatorial Guinea, Mozambique und die Zentralafrikanische Republik ist doch wohl gleichbedeutend mit deren Verhöhnung.

Wären die oben erwähnten über Rhodesien verhängten Sanktionen einigermaßen befolgt worden, so wäre die Politik Salisburys binnen kurzem gescheitert. Das mag sich schon daraus ergeben, daß die Außenhandelsintensität Rhodesiens 1965 nahezu unglaubliche 92,8 v. H. betrug; das Land verfügte seinerzeit eben noch über eine typische Kolonialwirtschaft. Eine Fülle seltener und höchstwertiger Bodenschätze, hervorragende Agrarprodukte und in zunehmendem Maße Industrieprodukte verschafften jedoch Salisbury Zugang zu westlichen, schwarzafrikanischen, chinesischen und osteuropäischen Märkten; allem Anschein nach taten sich, über Drittländer, in der letzteren Gruppe die UdSSR und die rohstoffarme DDR besonders

  1. vgl. dazu Klaus Frhr. von der Ropp »Die OAU im internationalen System der mittsiebziger Jahre« in Internationales Afrika Forum (München) vol. 11 Nr. 9/10 (1975. 9/10), S. 510-518.
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hervor. Trotz alledem hat die rhodesische Wirtschaft seit Jahren mit sehr großen Schwierigkeiten zu kämpfen: oft wurde über Wert gekauft und unter Weltmarktpreisen verkauft; das Entwicklungsland Rhodesien hatte nie Zugang zu günstigen Krediten der Weltbank und vergleichbarer Institutionen. 4)

Schwarz-weiß

Es sollte unstreitig sein, daß die Beziehungen zwischen den schwarzen und weißen wie auch sehr kleinen braunen Bevölkerungsgruppen in Rhodesien immer um ein Vielfaches besser waren als im benachbarten Süd- und Südwestafrika: Rhodesien hat sich nie der Politik der Apartheid oder, wie es heute beschönigend heißt, der Getrennten Entwicklung oder Pluralen Demokratie, verschrieben. Dennoch ist nur zu ersichtlich, daß bis auf den heutigen Tag nahezu alle Führungspositionen in der staatlichen Verwaltung wie auch den modernen Sektoren der Wirtschaft in weißafrikanischen Händen sind; hier spielt rassische Diskriminierung eine wichtige, wenn auch gewiß nicht die alleinige Rolle. Die Schwarzen Rhodesiens haben sich nie damit abgefunden, die ihnen von der weißen Seite zugedachte Rolle zu spielen, nämlich im Laufe eines sehr, sehr langwierigen Entwicklungsprozesses in die von den weißen Wertvorstellungen geprägte Gesellschaft hineinzuwachsen (qualifiziertes Wahlrecht etc.). Und es liegt auf der Hand, daß ihr Widerstand mit der Übernahme der Regierungsverantwortung durch FRELIMO und MPLA in Mozambique bzw. Angola spürbar gewachsen ist; er entlädt sich u. a. in einer Intensivierung des Buschkrieges.

Viel entscheidender für die Schwächung der Regierung Smith ist jedoch das Bestreben Pretorias, sie - aus für Südafrika übergeordneten Erwägungen - durch eine gemäßigte schwarze Regierung abzulösen; hier verdient Beachtung, daß Pretoria nie mit ihrer Unabhängigkeitspolitik sympathisierte, da es sie letztlich für undurchführbar hielt. So waren es im wesentlichen diese Position Südafrikas wie auch, um ein Vielfaches bedeutsamer, die veränderte Haltung der USA in der Rhodesien-Frage, die der rhodesischen Regierung im Herbst eine neue Politik aufzwangen, die einer Selbstaufgabe sehr nahe kam. Wenn diese dennoch nicht zu einer Beilegung des Rhodesien-Konfliktes führte, so auch deshalb, weil die schwarzafrikanischen Akteure mit sehr guten Gründen annahmen, daß der angloamerikanischen-südafrikanischen Initiative kaum das Bestreben zugrunde lag, das rhodesische Minderheitsregime zu stürzen, sondern

  1. Zur wirtschaftlichen Situation des Landes jüngst Ian Hume »Recent Trends in the Rhodesian Economy and some Implications of Political Change«, noch nicht veröffentlichter, am 25. Januar 1977 vor der Rhodesian Economic Socíety gehaltener Vortrag; s. weiter Klaus Frhr. von der Ropp »Die Republik Rhodesien im zehnten Jahr nach UDI« in Internationales Afrika Forum (München) vol. 11 Nr. 3 (1975. 3), S. 170-176.
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die Furcht vor weiteren Positionsgewinnen des sowjetischen Imperialismus im südlichen Afrika.

Rundum-erkundung

Der Rhodesien-Plan Henry Kissingers

Nach Jahren durch nichts zu verantwortender Passivität, die im Grunde symptomatisch für die so kurzsichtige Australafrika-Politik nahezu aller Staaten der westlichen Welt war, unterbreitete der damalige amerikanische Außenminister Henry Kissinger zusammen mit dem südafrikanischen Premierminister dessen rhodesischen Kollegen im September 1976 den seinen Namen tragenden Plan zur Beilegung des Rhodesien-Konfliktes. Einzelheiten dieses Planes hatte er zuvor mit Julius K. Nyerere und Kenneth Kaunda, den Präsidenten zweier der fünf »Frontstaaten«, sowie mit britischen und südafrikanischen Verantwortlichen, nicht aber mit einem Vertreter der rhodesischen Regierung besprochen. Die Versuche Kissingers, seine Vorstellungen auch mit Abel Muzorewa und Joshua Nkomo vor seinem Treffen mit Ian Smith durchzusprechen, scheiterten allem Anschein nach an deren Desinteresse an einem Zusammentreffen mit ihm; ob Nyerere und Kaunda entsprechende Gespräche mit ihnen als den Repräsentanten der »Befreiungsbewegungen« führten, ist nicht klar.

Nach dem wenigen, was von dem Kissinger-Plan bekannt wurde, handelt es sich um ein hervorragendes Vertragswerk, da es deutlich das bestehende rhodesische Kräftespiel in Rechnung stellt. Seine wesentlichen Punkte sind 5):

  1. Nach einer Übergangsperiode von 24 Monaten übernimmt die schwarze Mehrheit definitiv die Regierungsgewalt;
  2. Bis dahin wird Rhodesien durch eine schwarz-weißafrikanische »Die Regierung« geführt. Deren wesentliche Bestandteile sind ein paritätisch besetzter Staatsrat (Legislative); dessen Vorsitzender, er verfügt übrigens nicht über eine »casting vote«, ein Weißafrikaner sein wird. Dem Staatsrat nachgeordnet ist ein Ministerrat (Exekutive), an dessen Spitze ein Schwarzafrikaner stehen wird. Zumindest die Minister für Verteidigung und »Law and Order« (in manchem einem Innenministerium vergleichbar) werden weiße Rhodesier sein. Der Staatsrat ist für die Einsetzung eines Expertengremiums verantwortlich, das eine neue Verfassung für das Land erarbeiten wird;
  1. dazu vor allem The Rhodesia Herald (Salisbury) vom 25. September 1976, S. 1, 2 und vom 25. Januar 1977, S. 1, 9. Zu dem weiter unten erwähnten Rhodesia Trust Fund s. Donald G. Baker »Rhodesia, Settlement and Southern Africa«, insb. S. 5-7, Hrsg.: South African Institute of International Affairs, Braamfontein/SA, September 1976.
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  1. Mit der Amtseinführung der Übergangsregierung enden alle wirtschaftlichen Sanktionen sowie alle kriegerischen Handlungen;
  2. Zur Erhaltung der für afrikanische Verhältnisse so sehr hoch entwickelten Volkswirtschaft wird ein von den Industrieländern der westlichen Welt und Südafrika zu finanzierender, von der Weltbank zu verwaltender Rhodesia Trust Fund eingerichtet. Sein Kapital wird sich auf 2 Milliarden US Dollar belaufen. Primär sind diese Mittel für die weitere Entwicklung des Landes vorgesehen; die Laufzeit der entsprechenden Entwicklungsprogramme beträgt zehn Jahre. Um sicherzustellen, daß die für die Erhaltung des Entwicklungsniveaus absolut unentbehrlichen weißen Rhodesier das Land nach der radikalen Änderung der politischen Machtverhältnisse nicht verlassen, wird die Ausschüttung dieser Mittel an die neuen, schwarzen Verantwortlichen in Salisbury davon abhängig gemacht, daß diese den Verbleib der Minderheit im Lande tolerieren. Geschieht letzteres nicht, d. h. wandern die Weißen ab, so fließen die Mittel des Fonds nicht dem Lande selbst, sondern, als Kompensationsleistungen, den abgewanderten Weißafrikanern zu. (Beiläufig sei vermerkt, daß der Gedanke, einen solchen Fonds zu schaffen, ursprünglich von Joshua Nkomo ausging.)
Soweit überhaupt ein Urteil über die anglo-amerikanisch-südafrikanisch-rhodesisch-schwarzafrikanischen Verhandlungen von Mitte September 1976 möglich ist, sei festgestellt, daß Kissinger Smith allem Anschein nach wissen ließ, daß sowohl die Verantwortlichen der »Frontstaaten« als auch, über sie, die »Befreiungsbewegungen« seinen Vorstellungen als dem definitiven Programm zur Beilegung des Rhodesien-Konfliktes zugestimmt hätten, ihn ihm also mehr als eine bloße Verhandlungsgrundlage sähen. Vieles spricht sogar dafür, daß Ian Smith in seiner Fernsehansprache vom 24. September 1976 in den entscheidenden Passagen die Worte und Formulierungen des amerikanischen Außenminísters benutzte, um jeder Gefahr eines Mißverständnisses zu begegnen. 6)

Im Gegensatz dazu lehnten die Präsidenten der fünf »Frontstaaten« den Kissinger-Plan kurze Zeit später ab. Zur Begründung ihrer Entscheidung führten Sie, objektiv nicht gerechtfertigt, aus, den Plan zu akzeptieren sei »gleichbedeutend mit der Legalisierung der kolonialistisch-rassistischen Machtstrukturen«. 7) Hier kommt aller-

  1. so Smith selbst in The Rhodesia Herald (Salisbury) vom 25. Januar 1977, S. 1, 9.
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dings das Mißtrauen der schwarzen Seite gegen eine Persönlichkeit, eben Ian Smith, zum Ausdruck, der sie über mehr als ein Jahrzehnt durch sein fintenreiches Spiel genarrt hatte. Im Fall der so eng mit den Sowjets kooperierenden Volksrepubliken Mozambique und Angola mögen bei der Entscheidung über Annahme oder Ablehnung des Kissinger-Planes auch die Interessen der neuen »Schutzmacht« eine Rolle gespielt haben.

Bodenlose Verhandlungen

Zum Verlauf der Genfer Rhodesien-Konferenz

Vor diesem Hintergrund hätte es eines Wunders oder zumindest eines seinen Aufgaben gewachsenen britischen Vorsitzenden bedurft, die Konferenz zu einem Erfolg zu führen; beides geschah nicht. Außer Emissären der USA wie auch der fünf »Frontstaaten« sowie den britischen Vertretern nahmen folgende Gruppierungen an der Konferenz teil: die rhodesische Regierung unter Ian Smith bzw. später P. K. van der Byl, der African National Council (ANC) unter Abel Muzorewa, ein Flügel der Zimbabwe African National Union (ZANU) unter Pastor Ndabaningi Sithole, die Zimbabwe African People's Union (ZAPU) unter Joshua Nkomo sowie ein weiterer ZANU-Flügel unter Robert Mugabe, dessen Führungsansprüche aber möglicherweise auf den Widerstand der Guerillerokommandanten Rex Nhongo und / oder Josiah Tongogara stoßen. Nur die Gruppen Nkomos und Mugabes verfügen derzeit über bewaffnete Einheiten, deren Zahl heute etwa 7600 beträgt. Von ihnen gehören ca. 5500 der ZANU an (ca. 1500 im Lande selbst, ca. 4000 in der VR Mozambique) und ca. 2100 zur ZAPU (ca. 100 in Rhodesien, ca. 2000 in Lagern in Zambia / Botswana). 8) Es bleibt abzuwarten, ob der kurz vor Konferenzbeginn zustandegekommene Zusammenschluß der Gruppen Nkomos und Mugabes zur »Patriotic Front« (PF) von Dauer sein wird. Die Geschichte des schwarzen Widerstandes läßt hier größte Vorsicht geboten sein. Denn immer wieder haben machtpolitische, ideologische und vor allem auch ethnische Differenzen zu Spaltungen geführt; unter den letzteren, in Afrika von besonderer Wichtigkeit, ist nicht nur auf die Konflikte zwischen Ndebele und Shonas, sondern auch auf die Differenzen unter den shona-sprachigen Stämmen der Karanga, Manica und Sezuru zu verweisen.

Falsche Besetzung

Stärker noch als unter diesen Differenzen, die aus Rhodesien eines Tages ein zweites Angola machen könnten, litt die Genfer Rhodesien-Konferenz an der klaren Überforderung ihres Vorsitzenden Ivor Richard. Sein Versagen lag vor allem darin, daß es ihm nicht gelang, den Kissinger-Plan wenigstens als Diskussionsgrundlage in die Ver-

  1. nach The Rhodesia Herald (Salisbury) vom 27. September 1976, S. 1.
  2. Zahlen nach amtlichen rhodesischen Angaben, abgedruckt in The Rhodesia Herald (Salisbury) vom 20. Januar 1977, S. 1.
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handlungen einzuführen. Denn so fehlte es der Konferenz überhaupt an einer irgendwie gearteten Diskussionsgrundlage; infolgedessen kam es nie zu wirklichen Verhandlungen. So war es ein Gebot der Logik, die Konferenz zu unterbrechen, um Ivor Richard bei einer Reise durch Staaten des östlichen und südlichen Afrikas Gelegenheit zur Erarbeitung eines neuen Planes zu geben. Dies wurde dadurch erschwert, daß in der Folgezeit die fünf »Frontstaaten« und möglicherweise auch das »Liberation Committee« der OAU, dem 21 afrikanische Länder angehören, die PF als die einzige legitime Vertreterin der schwarzen Rhodesier anzuerkennen beschlossen.

Genfer Basis

Die Vorschläge Ivor Richards zur Beendigung des Rhodesien-Konfliktes In manchen Punkten, das gilt insbesondere für die Einrichtung des Rhodesia Trust Fund, decken sich die Vorschläge Kissingers und Richards. 9) Die letzteren, die übrigens ausdrücklich nur als Verhandlungsgrundlage konzipiert sind, werden daher im folgenden nur insoweit erwähnt, als sie von denen des amerikanischen Außenministers abweichen:

  1. Die Dauer der Übergangsperiode wurde nicht fixiert; sie wird jedoch kürzer sein als 24 Monate;
  2. Die britische Regierung wird während der Übergangszeit durch einen in Salisbury residierenden Kommissar vertreten sein; dieser wird Regierungsfunktionen übernehmen;
  3. Der im Kissinger-Plan vorgesehene Staatsrat entfällt. Seine äußerst wichtigen Aufgaben übernimmt der nunmehr sehr mächtige Ministerrat. Dieser setzt sich aus fünf Vertretern der rhodesischen Regierung, fünf von der britischen Regierung ernannten »white líberals«, sowie je fünf Vertretern von ANC, ZAPU, ZANU / Sithole und ZANU / Mugabe zusammen. Er wird eine Kommission zur Erarbeitung einer rhodesischen Unabhängigkeitsverfassung ernennen und einsetzen.
  4. An die Stelle der mit Weißafrikanern zu besetzenden Positionen der Minister für Verteidigung sowie »Law and Order« tritt ein Sicherheitsrat. Diesem gehören außer dem britischen Kommissar als Vorsitzendem der rhodesische Premierminister, die (weißen) Oberkommandierenden von Heer, Luftwaffe und Polizei sowie J. Nkomo, N. Sithole, A. Muzorewa und R. Mugabe an.
  1. s. dazu den vollen Wortlaut dieser Vorschläge in The Rhodesia Herald (Salisbury) vom 26. Januar 1977, S. 2 sowie die entsprechende Ansprache von Ian Smith in The Rhodesia Herald (Salisbury) vom 25. Januar 1977, S. 1, 9.
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Njet

Daß die Regierung Smith es kategorisch ablehnte, die Genfer Konferenz rnit der Diskussion dieser Vorschläge wieder aufzunehmen, sollte sich von selbst verstehen, da jede andere Entscheidung einer bedingungslosen Kapitulation einer bei weitern noch nicht geschlagenen Minderheit gleichgekommen wäre. Andererseits stellt sich aber doch die Frage, ob Smith sich durch seine negative Entscheidung die irgendwann doch fällige Rückkehr zum Konferenztisch nicht abermals erschwert hat. In diesem Zusammenhang verdienen zwei Punkte Beachtung, die außerhalb der »weißen Bastion« im südlichen Afrika oft nicht genügend klar gesehen werden: Ende 1976 ist es den rhodesischen Streitkräften gelungen, vor Beginn der Regenzeit die in Mozambique stationierten ZANU-Truppen durch Zerstörung etlicher ihrer Stützpunkte empfindlich zu schwächen; dabei bewährten sich allem Anschein nach besonders solche schwarzafrikanischen Soldaten, die mit dem Abzug Portugals aus Mozambique von den Portugiesen ausgemustert und von den Rhodesiern eingestellt worden waren. Sollte die Regierung Smith militärisch durch Dritte ernsthaft bedroht werden, so wird es dem südafrikanischen Ministerpräsidenten äußerst schwer werden, dem nördlichen Nachbarn nicht militärisch zur Hilfe zu kommen. Und die jüngst veröffentlichten, allem Anschein nach zutreffenden offiziellen Mitteilungen über die Rolle des südafrikanischen Expeditionskorps im Krieg um Angola haben einmal mehr gezeigt, von welcher Schlagkraft diese Einheiten nach wie vor sind. 10) Der Umstand, daß sich Südafrika aus politischen Gesichtspunkten Anfang 1976 aus Angola zurückzog, hat hier häufig ein falsches Bild entstehen lassen. Eine andere Frage ist, ob die außenpolitischen Rücksichtnahmen, die die südafrikanische Regierung zu dem Abzug ihrer Truppen aus Angola veranlaßten, sie nicht daran hindern werden, der Regierung in Salisbury militärisch zur Seite zu stehen. Hier eine Prognose zu stellen, hieße das Unmögliche zu versuchen.

Noch eine Chance?

Ausblick auf die weitere Entwicklung

Es mag heute noch Möglichkeiten geben, den Konflikt in und um Rhodesien mit friedlichen Mitteln beizulegen. Allerdings werden die von der Regierung Smith ins Auge gefaßten Verhandlungen mit dem ANC Muzorewas und den von ihr ohnehin seit eh und je bevorzugten traditionellen Häuptlingen (heute zum Teil in der Zimbabwe United People's Organisation / ZUPO vereint) kaum zu einem solchen Erfolg führen. Will die westliche Welt, insbesondere die EG, nicht in die alte Passivität zurückfallen, so wird sie in engster Abstimmung mit den vielen nicht-radikalen schwarzafrikanischen Län-

  1. s. dazu Rand Daily Mail (Johannesburg) vom 4. Februar 1977, S. 6 »They swept all before them/ South Africa's lightning war in Angola«.
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dern sowie der Republik Südafrika eine neue Rhodesien-Initiative zu formulieren haben. Deren Leitsätze könnten etwa lauten:

  1. Die sofortige Abschaffung aller Maßnahmen rassischer Diskriminierung, incl. der Streichung des Land Tenure Act;
  2. Einsetzung einer paritätisch mit schwarzen und weißen Rhodesiern besetzten Sachverständigengruppe, die auf der Basis des Konzepts »one man one vote« eine Verfassung er- arbeitet und umgehend ein Datum für die ersten allgemeinen Wahlen festsetzt;
  3. Verkündung einer Amnestie für alle, die sich an dieser Wahl beteiligen wollen;
  4. Die ersten Wahlen finden innerhalb von sechs bis acht Monaten und unter internationaler, insbesondere OAU-Aufsicht, statt. Die aus diesen Wahlen hervorgegangene Regierung führt Rhodesien umgehend in die Unabhängigkeit.
Selbst für den Fall, daß sowohl die Regierung Smith als auch die Mitglieder der vier »Befreiungsbewegungen« sich eine solche Politik zu eigen machen, der Rhodesien-Konflikt also wider Erwarten doch noch mit friedlichen Mitteln gelöst werden kann, so ist eines nicht aus dem Auge zu verlieren: der drohende große Konflikt in und um die Republik Südafrika wird, wie alle weiteren Staaten der Subregion, so auch Rhodesien in Mitleidenschaft ziehen.

Ein weiterer Beitrag über die Republik Südafrika folgt.

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